Vorbild

„Schwerlich gibt es ein zweites Land, wo während eines halben Jahrhunderts eine überreiche Saat von Eisenbahnprojekten eine so spärliche Ernte ausgeführter Linien hervorbrachte wie im Schweizer Kanton Graubünden.“

DampfsonderzugDieses Zitat aus der Baugeschichte der Rhätischen Bahn, der Staatsbahn Graubündens, verdeutlicht, mit welchen Widerständen dieses Alpenland bei der Erschließung seiner Täler zu kämpfen hatte. Besonders die Bündner, die jahrzehntelang auf eine große Alpenbahn durch die Ostschweiz gehofft hatten und durch die Entscheidung für die Gotthardbahn endgültig entäuscht worden waren, ließen keine weitere Chance ungenutzt: Auf Initiative von Fremdenverkehrskreisen konnte zunächst die Strecke Landquart – Klosters – Davos finanziert und gebaut werden.

DampfsonderzugBis Klosters wurde sie am 9. Oktober 1889, auf der gesamten Entfernung von rund 50 Kilometern am 21. Juli 1890 in Betrieb genommen. Als zweite folgte bis 1896 die Strecke von Landquart rheinaufwärts nach Reichenau und weiter scharf südöstlich ins Hinterrheintal einschwenkend bis Thusis. Als sich der Privatinitiative kein Anreiz für weitere Investitionen in der verkehrsarmen Ostschweiz mehr bot, setzte der Kanton Graubünden in einer Volksabstimmung die Übernahme der bestehenden und den Bau weiterer Bahnen durch den Staat durch;

Landwasserviaduktdie wenig später gegründete Rhätische Bahn wurde zur Bündner Staatsbahn. Ihr Netz, durchweg mit Einmeter-Spur, erweiterte sich langsam, aber konsequent: bis 1904 nach St. Moritz, 1908 nach Pontresina, 1909 von Davos nach Filisur, 1913 nach Schuls im Unterengadin. Die Stichbahn Chur – Arosa folgte 1914. Schon zwei Jahre zuvor war der Vorderrhein bis Disentis fertig geworden.Dort sollte das Netz der Rhätischen Bahn an die kurz nach der Jahrhundertwende projektierte Bahn von Brig über das Furka- und Oberalppaß anschließen; das Vorhaben konnte bis 1915 teilweise verwirklicht werden: Am 1. Juli wurde Oberwald, einen Monat später Gletsch erreicht.Durch den ersten Weltkrieg trat jedoch eine erheblich Verzögerung ein, und erst am 4. August 1925 kam die durchgehende Verbindung Brig – Andermatt – Disentis und damit der Anschluß der Rhätischen Bahn zustande. Die Furka-Oberalpbahn verbindet (seit 1982 ganzjährig) Wallis und Graubünden, Rhone- und Rheintal.

LoksSeit am 25. Juni 1982 der 15.442 m lange Furka-Basistunnel eröffnet wurde, führt sie nur noch am Oberalppaß durch hochalpines Gebiet. Schon am 5. Juli 1910 hatte die ebenfalls meterspurige Bernina-Bahn St. Moritz über den 2.330 m hohen Berninapaß mit Tirano im norditialienischen Veltlin verbunden und damit Graubünden wenigstens einen schmalspurigen Bahnanschluß an Italien verschafft. Heute betreibt die Rhätische Bahn (RhB) in Graubünden, im Land der 150 Täler, eines der faszinierendsten und kühnsten Eisenbahnnetze der Welt.

Vom Streckenausbau, vom Fahrzeugpark und vom Betrieb her ist sie ein typisches Beispiel für eine schmalspurige Hauptbahn. Neben Personen- und Güterzügen verkehren moder Schnell- und Expresszüge mit Speise und Salonwagen. Der „Glacier-Express“ verbindet beispielsweise die beiden weltberühmten Kurorte St. Moritz und Zermatt mit durchlaufenden Wagen. Modernste Triebfahrzeuge erlauben heute Höchstgeschwindigkeiten bis zu 90 km/h.

Modell-Eisenbahn-Gruppe Ostfildern e.V.